Die Private Schule IBB gGmbH Dresden betont die Notwendigkeit einer sexualpädagogischen Grundausbildung der Fachschüler(innen) innerhalb der Ausbildung zum/zur staatlich anerkannten Erzieher(in)
Uwe Tüffers, Diplom-Sexualpädagoge und Leiter der Beratungsstelle der Aids-Hilfe in Sachsen betont, dass Kinder und Jugendliche Unterstützung bei der Entwicklung ihrer Sexualität brauchen. Denn Sexualität entwickelt sich nicht von selbst. Demzufolge braucht es entsprechende pädagogische Begleitung, um die Kinder und Jugendlichen zu einem selbstbestimmten, verantwortungsvollen und gesellschaftlich akzeptierten Handeln zu befähigen. In diesem Zusammenhang kritisiert Herr Tüffers deutlich, dass dement-sprechende Inhalte (angefangen bei allgemeinen Kenntnissen über die psychosexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bis hin zu spezifischen Fachkenntnissen wie z.B. zu sexualpädagogischer Beratung) sowie Möglichkeiten der persönlichen und professionellen Auseinandersetzung in der Phase der pädagogischen Ausbildung fehlen. [1]
Wenn man den aktuellen Lehrplan für die Fachschule/Fachbereich Sozialwesen/ Fachrichtung Sozialpädagogik. Erzieherin/Erzieher ganz bewusst „durchforstet“, so ist zwar die sexuelle Bildung nicht ausdrücklich als solche angeführt, aber in den Querschnittsaufgaben und im Lernfeld 4 durchaus indirekt vorzufinden:
So wird unter anderem die kritische Reflexion der eigenen Person, des Menschenbildes und der zu Grunde liegenden Werthaltungen als Bestandteil eines jeden Segmentes der Ausbildung betont. (S.7)
In Bezug auf die sexuelle Bildung ist die Auseinandersetzung mit der individuellen Sexualbiographie sowie mit den eigenen moralischen Wertmaßstäben und Einstellungen bezüglich der eigenen Sexualität absolut notwendig, denn diese wirken sich auf die sexualpädagogische Arbeit aus. Das Bewusstmachen der eigenen Haltungen bezüglich Sexualität gehört zu den ständigen Anforderungen an Pädagog(inn)en, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.
Insbesondere im Lernfeld 4 sollen die Fachschüler(innen) Kompetenzen für die Planung und Gestaltung altersangemessener und geschlechtersensibler Bildungsangebote erwerben. Dabei sollen Sie entsprechende Kenntnisse über methodisch-didaktisches Vorgehen erarbeiten. Sie sollen befähigt werden, Kindern und Jugendlichen gezielte Lernangebote unter Einbeziehung aller Entwicklungsbereiche zu ermöglichen. (S. 16)
Auch die sexuelle Entwicklung kann als eigenständiger Entwicklungsbereich verstanden werden, der in seiner Spezifik Aufmerksamkeit verdient. So sollten auch Kenntnisse über die psychosexuelle Entwicklung im Kindes- und Jugendalter thematisiert werden. Daneben muss die kindliche Sexualität in ihrer Eigenständigkeit und in Abgrenzung zur Sexualität Erwachsener begriffen werden. Die einschlägigen Veränderungen in der Pubertät müssen ebenso Beachtung finden wie gezielte Fördermöglichkeiten. In diesem Zusammenhang sollten die Fachschüler(innen) sexualpädagogische Methoden und didaktische Anregungen im Unterricht erhalten.
Außerdem betont der Lehrplan die sprachliche Vorbildrolle der angehenden Erzieher(innen). Die Fachschüler(innen) sollen befähigt werden, Sprache sowie nonverbale Gestaltungsmittel bewusst einsetzen zu können. Die sprachliche Bildung ist konkret als Querschnittsaufgabe im Lehrplan aufgeführt. (S.6)
In Bezug auf Sexualität ist dies ein ganz besonderer Themenschwerpunkt, denn es bestehen bezüglich der Thematik Tabuisierungen, Sprachlosigkeit sowie eine Vieldeutigkeit von Begriffen, welche den Kindern und Jugendlichen die Aneignung des Themas Sexualität erschweren. Demzufolge ist es von Bedeutung, dass die Fachschüler(innen) zum einen selbst Sprachfähigkeit erwerben, diese aber auch bei Kinder und Jugendliche befördern können.
Die Private Schule IBB gGmbH Dresden hat sich daher ganz bewusst dafür entschieden, das Thema Sexualität im Unterricht aufzugreifen. Dabei kooperiert die Schule eng mit den sexualpädagogischen Fachkräften der Aidshilfe in Dresden.
Im Sexualpädagogikunterricht werden Grundlagen der Sexualpädagogik (Auseinander-setzung mit dem Begriff Sexualität, Ziele der Sexualpädagogik, didaktische Prinzipien, Themen der Sexualpädagogik), das besondere Thema „Sexualität und Sprache“ sowie die Sexualität im Kindesalter (Ausdrucksformen, kindliche Sexualität vs. Erwachsenensexualität, psychosexuelle Entwicklung im Kindesalter sowie deren pädagogische Förderung) thematisiert. Zudem finden in Vorbereitung auf das zweite Blockpraktikum Zwei-Tages-Workshops statt, die durch professionelle Referent(inn)en der Aids-Hilfe Dresden durchgeführt werden. Thematisch stehen hierbei die Jugendsexualität, die Reflexion der individuellen Sexualbiografie und der eigenen Einstellungen in Bezug auf Sexualität im Zentrum. Außerdem erproben die Fachschüler(innen) zahlreiche Methoden, die im Anschluss reflektiert werden, wodurch die Erweiterung der Methodenkompetenz unterstützt wird.
Die Workshops wurden in diesem Jahr durch die Sächsische Bildungsagentur gefördert. Wir hoffen, dass wir auch in Zukunft eine entsprechende finanzielle Unterstützung erhalten werden, um die zielführende Kooperation zwischen Fachschule und Praxispartner auch weiterhin umsetzen können.
Es ist uns durchaus bewusst, dass wir innerhalb der Fachschulausbildung das Thema „Sexualpädagogik“ nur ansatzweise behandeln können. Aber es gelingt uns, ein großes Interesse für das besondere Thema zu wecken, die Fachschüler(innen) für die Thematik zu sensibilisieren, die Bedeutung des kritischen Reflektierens bewusst zu machen sowie einige wesentliche Grundlagenkenntnisse zu vermitteln. Damit ist schon viel gewonnen, denn wer sensibel ist, ein Interesse mitbringt und kritisch reflektieren kann, wird in seiner beruflichen Zukunft nicht unbedacht handeln, sondern professionelle Wege suchen.
Dresden, 04.10.2017
Autorin:
Sylvia Dammmüller, Dipl.-Sozialpädagogin
verantwortliche Dozentin mit sexualpädagogischer Praxiserfahrung
an der Privaten Schule IBB gGmbH
[1] Vgl. Uwe Tüffers: corax. Fachmagazin für Kinder- und Jugendarbeit. ‚3/2017, Seite 25-27